aus Sicht einer Azubine
„Aha, wie lange dauert diese Ausbildung denn?“, „Ja und welchen Abschluss macht man da?“, „Und verdient man mit sowas wirklich Geld?“, „Ui, mit Tieren arbeiten ist bestimmt schön, aber das ist doch kein Beruf, oder?“, „Und was machst du dann hauptberuflich?“
Das sind sie, die häufigst gestellten Fragen (Ha, da bin ich doch in der Hundeschule Fragezeichen genau richtig oder). Hand aufs Herz: wer hat sich diese Fragen bei der Überschrift auch gestellt?
Hm, und wie antworte ich da jetzt, originell, gewitzt, selbstbewusst, zukunftsorientiert – und stattdessen ist es doch so einfach: ich liebe Tiere, ich mag Menschen und es ist für mich eine Herausforderung beides miteinander in Einklang zu bringen, für mich gibt es nichts Wertvolleres, als das zum Beruf zu machen, was sich gar nicht nach Arbeit anfühlt.
Für mich ging es erst Mal über Umwege zu diesem Beruf (wer jetzt ganz neugierig ist kann gern mein Profil im Team nachlesen). Zum Einen bin ich nicht nur Quereinsteiger sondern sogar Neueinsteiger. Denn ich bin zwar mit Hunden aufgewachsen, doch einen Eigenen hatte ich noch nie. Wer kennts: keine Zeit, da in Vollzeit berufstätig, zu spontane Urlaube, nur Mietwohnung.
Und trotzdem hab ich mich dazu entschlossen diesen Weg einzuschlagen und noch keine Minute bereut, im Gegenteil.
Von Anfang an sog ich alles wie ein Schwamm auf. Kommandos, die Was-mach-ich-wenns waren für mich neu, ich musste alles von 0 an lernen. Jeder Kunde, der ein paar Trainings bereits absolviert hatte und/oder schon in der Gruppe war, war weiter als ich. Doch je mehr ich dabei war umso mehr packte es mich und ich wollte mehr erfahren, mehr wissen, mehr lernen.
Den für mich perfekten Trainerkollegen hatte ich da bereits an meiner Seite: Arcy, ein Saarlooswolfhund, der sogenannte (und liebevoll gemeinte) „Kloppi“ meiner Trainerin Kathi.
Er lernte mir die Anweisungen seines Frauchen an mich genau und diszipliniert umzusetzen, zum richtigen Zeitpunkt zu markern, auf die situationsangepasste Art und Weise das Leckerli zu geben, Leinenhändling und den Umgang mit einem Hund, der neben fremden Hunden, Menschen jeglicher Art, Fahrradfahrern, Motorradfahrern, Rollerfahrern, Bussen und Kleintransportern (Kathi, hab ich was vergessen?) auf die bestmögliche Art für ihn, wie auch für sein Gegenüber, zu händeln.
Seit März wohnt nun mein „Kloppi“ namens Jano bei mir. Learning by Doing.
Sogesehen muss er jetzt für alles herhalten, was ich einem Hund beibringen will. Sehr zum Leidwesen für Kathi, da sie mich immer wieder bremsen muss (hier würde jetzt der Affensmiley, der sich die Augen zuhält, gut hinpassen). Uuuuuuuuuuund? Wer kennt das nämlich auch? Wer will nicht, dass der Hund, der sich gerade mal halbwegs bei einem eingelebt hat, bereits alle Grundkommandos kann, perfekte Leinenführigkeit beherrscht, Jagdverhalten abbricht und voll abrufbar ist und am Besten noch morgens, nach einer freundlichen Begrüßung des Postboten die Zeitung rein bringt?! Denn alle Hunde, die man ja sonst so auf der Straße trifft, können das ja auch, nur Meiner nicht!
Naja, klar muss mich Kathi ab und an mal daran erinnern, denn schließlich werde ich doch Hundetrainer, da muss mein Hund ein Vorzeigehund sein… STOPP! Nein, das muss er nicht. Das muss kein Hund. Jeder Mensch ist anders, jeder Hund ist anders. Was der Eine liebt, interessiert den Anderen nicht. Was der Eine gerne macht, jagt dem Anderen Angst ein. Was für den Einen eine Herausforderung ist, ist für den Anderen vielleicht eine Überforderung.
Und nein, der Hund muss nicht alles in seinem ersten halben Jahr kennen und können! Wir lernen doch auch ein Leben lang und bleiben interessiert und wir haben mit unserem Vierbeiner doch (hoffentlich) viele Jahre vor uns, also warum lassen wir uns nicht Zeit und erlernen unserem Hund und auch uns alles ohne Druck. Dafür mit viel Spaß an dem, was man macht und freut sich dann umso mehr über die kleinen Erfolge, die irgendwann ein Großes ergeben. Oder auch nicht, denn auch das ist ok. Von uns Menschen wird ja auch nicht verlangt, dass ein jeder Anwalt, Mediziner oder Astrophysiker wird. Mensch und Tier soll das machen, was einem gefällt, was er gerne macht und was ihn motiviert, denn so sieht ein glückliches Leben aus.
Und eigentlich beantwortet das genau die Fragen, die mir die Leute oft stellen.
„Ich lerne diesen Beruf, weil er mir gefällt, weil er mich täglich motiviert und er mich glücklich macht. Ob ich davon reich werde, welchen Abschluss ich dann hab, spielt für mich erst mal keine Rolle, ein paar Kröten werden schon hängen bleiben (vielleicht auch ein paar mehr) und ein Titel hat für mich einen Menschen sowieso noch nie ausgemacht, sondern das Wesen dahinter. Diese Zufriedenheit mit meinem neuen Wunschberuf wünsche ich Jedem mit seinem Beruf und auch jedem Hund mit seiner Familie.“
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